Absturz am Edelweißlahnerkopf – verirrt am nebeligen Hocheck – blockiert in der Blaueis-Umrahmung – gestürzt an der Hochalm
RAMSAU BEI BERCHTESGADEN – Aktuell vergeht kaum ein Tag, an dem die Ehrenamtlichen der Bergwacht Ramsau nicht zu einem oder mehreren aufwendigen alpinen Einsätzen ausrücken müssen; allein von Freitag bis Montag mussten sie vier Urlauber aus Mittelfranken, Tschechien, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen retten, die blockiert in der Blaueis-Umrahmung, abgestürzt und schwer verletzt am regennassen Edelweißlahnerkopf, verirrt am nebeligen Watzmann-Hocheck und gestürzt im Abstieg von der Schärtenspitze Hilfe brauchten.
39-Jähriger stürzt im Abstieg von der Schärtenspitze
Am Montagnachmittag (2. Oktober) ging kurz nach 16 Uhr ein Notruf von einer 6er-Gruppe im Abstieg von der Schärtenspitze über die Hochalm ein ein, da ein 39-jähriger Urlauber aus Nordrhein-Westfalen umgeknickt und aufs Knie gestürzt war. Der Ramsauer Bergwacht-Einsatzleiter forderte einen Heli an, wobei die Leitstelle dann den Salzburger Notarzthubschrauber „Christophorus 6“ schickte. Die Besatzung fand die Unfallstelle in rund 1.760 Metern Höhe, versorgte den Patienten und flog ihn sitzend am Tau zur Ramsauer Bergrettungswache, wo ihn eine Rettungswagen-Besatzung des Reichenhaller Roten Kreuzes übernahm und in die Kreisklinik Bad Reichenhall brachte. Fünf ehrenamtliche Bergretter waren bis kurz nach 18 Uhr im Einsatz.
Nebelbedingt schwierige Rettung für Abgestürzten am Edelweißlahnerkopf
Am Samstagnachmittag (30. September) gegen 17.30 Uhr meldete sich eine Urlauberin aus Tschechien bei der Leitstelle Traunstein, da ihr 32-jähriger Lebensgefährte beim steilen Abstieg vom Edelweißlahnerkopf hinab zum Antonigraben auf der Südostseite der Reiter Alpe in rund 1.800 Metern Höhe auf dem regennassen Untergrund ausgerutscht und rund zehn Meter abgestürzt war, wobei er sich unter anderem schwer und sehr schmerzhaft am Bein verletzt hatte. Eine Angehörige eines Ramsauer Bergretters übersetzte die Angaben der Frau für den Bergwacht-Einsatzleiter, die zunächst ein Stück oberhalb des Abgestürzten stand und einen offenen Bruch vermutete, der sich dann aber zum Glück nicht bestätigte. Die Besatzung des Traunsteiner Rettungshubschraubers „Christoph 14“ hatte keine Chance, die Einsatzstelle im Nebel anzufliegen und setzte deshalb im Shuttle-Verkehr mehrere Ramsauer Bergretter und den Schellenberger Bergwacht-Notarzt mit umfangreicher Ausrüstung zur medizinischen Versorgung und für einen seilgesicherten bodengebundenen Abtransport per Trage durchs Gelände in rund 1.600 Metern Höhe an der Wolkenuntergrenze und damit so hoch wie möglich ab, die dann weiter zur Unfallstelle aufstiegen, wobei die ersten Einsatzkräfte um 18.50 Uhr beim Patienten ankamen und ihn erstversorgten. Zwei weitere Einsatzkräfte stiegen vom Tal aus auf, um im unteren Abschnitt Standplätze fürs Ablassen der Trage einzurichten.
Als „Christoph 14“ gegen 19.15 Uhr nach einem Tank-Stopp mit dem Kerosinanhänger in Schneewinkl bereits mit den letzten beiden Bergrettern im Anflug war, um sie bei einsetzender Dunkelheit an der Nebeluntergrenze für den weiteren Aufstieg abzusetzen, ging alles rasend schnell: Der Trupp an der Unfallstelle meldete, dass die Wolken aufreißen und man vom Berg aus wieder den Hintersee sehen kann. Die Heli-Besatzung reagierte sofort, konnte die Unfallstelle direkt anfliegen, musste dann dort zunächst die beiden Bergretter in der Maschine mit der Winde absetzen, um anschließend den provisorisch versorgten Patienten zusammen mit einem Bergretter per Winde aufnehmen, ins Tal und dann direkt weiter zum Klinikum Traunstein fliegen zu können. Dadurch blieb dem Tschechen und den Rettern ein Biwak am Berg und alternativ ein langer und schwieriger Abtransport durchs Gelände erspart, darunter eine 360 Meter hohe und 540 Meter weite Ablass-Strecke durch eine Rinne bis zum Wandkopf, von dort aus rund 100 Höhenmeter über die Felswand bis zum oberen Antonigraben und dann über den Steig weiter seilgesichert ins Tal.
Gegen 20 Uhr traf der Fresacher Notarzthubschrauber „RK1“ aus der Nähe von Villach in Kärnten als einziger im weiten Umkreis verfügbarer nachtflugtauglicher Hubschrauber mit Rettungswinde in der Ramsau ein, der zunächst für einen weiteren, zeitgleichen Einsatz am Watzmann-Hocheck vorgesehen war, aber die dortige Einsatzstelle im Nebel trotz mehrerer Versuche nicht direkt anfliegen konnte. Die Bergretter am Edelweißlahnerkopf, die noch im Aufstieg waren, machten sich mit der umfangreichen Ausrüstung wieder auf den Rückweg, wobei zwei bis ins Tal abstiegen und das Rettungsfahrzeug zurück zur Wache fuhren; die Einsatzkräfte mit der psychisch durch den schweren Unfall betroffenen Lebensgefährtin warteten am Einsatzort, bis sie „RK1“ gegen 21.30 Uhr mit der Rettungswinde aufnahm und ins Tal flog, wo sich der Kriseninterventionsdienst (KID) der Bergwacht weiter um die Tschechin kümmerte. Nach einem Tank-Stopp holte „RK1“ noch die restlichen Bergretter ab, die sich in rund 1.300 Höhenmetern am oberen Antonigraben gesammelt hatten und ersparte ihnen damit einen aufwendigen Transport der schweren und sperrigen Ausrüstung ins Tal, wobei alle Einsatzkräfte bis kurz nach 23 Uhr wieder im Tal waren. Insgesamt waren 18 Bergretter aus Ramsau (15), Marktschellenberg (1), Bergen (1) und Teisendorf-Anger (1) teilweise bis 1 Uhr in der Früh im Einsatz.
Beim nebeligen Abstieg vom Watzmann-Hocheck in Absturzgelände verirrt
Während des laufenden Einsatzes am Edelweißlahnerkopf meldete sich gegen 19.15 Uhr ein 37-jähriger Urlauber aus Niedersachsen, der sich im Abstieg vom Watzmann-Hocheck zwischen Gipfel und Haus im Nebel verirrt hatte und in absturzgefährliches Gelände oberhalb der Watzmanngrube geraten war, wo er in der Dunkelheit schließlich nicht mehr weiterwusste. Da der Berg bis hinab zur Klima-Station von Wolken umhüllt war, mussten die acht Einsatzkräfte der Bergwachten Berchtesgaden (6) und Ramsau (2) so weit wie möglich bodengebunden mit Fahrzeugen anfahren, dann weiter zu Fuß aufsteigen und nach dem Verstiegenen suchen, der wegen einer defekten Handy-Sim-Karte zwar über die 112 aktiv Notrufe absetzen konnte, selbst aber über seine Nummer nicht zurückgerufen werden konnte, was den Einsatz wesentlich erschwerte, da sich die Retter nur zeitversetzt mit ihm austauschen und abstimmen konnten. Das Team des Technikbusses der Bergwacht-Region Chiemgau versuchte während der bodengebundenen Suche von Kühroint aus mit der Wärmebild-Drohne den Verstiegenen zu orten, konnte aber wegen des Nebels nur eingeschränkt fliegen und lediglich die Wolken-Situation für eine mögliche Heli-Rettung abklären. Die Besatzung von „RK1“ ortete den Verstiegenen zwar aus der Luft, hatte aber nebelbedingt bei mehreren Versuchen keine Chance, ihn mit der Winde zu retten. Kurz nach 22 Uhr konnte die Fußmannschaft dann erstmals in rund 2.000 Höhenmetern Rufkontakt zu dem Unverletzten herstellen und dann weiter abschnittsweise seilgesichert durchs freie Gelände zu ihm vor- und aufzusteigen, wobei die Einsatzkräfte Posten mit Stirnlampen positionierten, um im Nebel wieder den besten und sichersten Weg zurückzufinden. Gegen 22.40 Uhr trafen sie dann bei dem Mann ein, der unmittelbar oberhalb eine steilen Felsplatte festsaß. Sie seilten ihn über eine Steilstufe ab und marschierten dann mit ihm zum Watzmannhaus zurück, wo alle kurz nach Mitternacht wohlbehalten ankamen und sich der Nebel so weit lichtete, dass „RK1“ dorthin fliegen und alle abholen konnte. Insgesamt waren 18 Bergretter aus Berchtesgaden (6), Ramsau (7), Traunstein (3), Bergen (1) und Grassau (1) am Berg, mit dem Technikbus samt zweitem Kerosinanhänger, im Heli und im Tal an der Rettungsaktion beteiligt und bis 1.30 Uhr unterwegs.
Blockiert am dritten Turm in der Blaueis-Umrahmung
Am Freitagnachmittag (29. September) setzten drei Bergsteiger kurz nach 17 Uhr in der Blaueis-Umrahmung einen Notruf ab, da eine 56-jährige Frau aus Mittelfranken geländebedingt blockiert am dritten Turm nicht mehr weiterkam. „Christoph 14“ nahm gegen 17.30 Uhr in der Ramsau einen Bergretter auf, setzte ihn bei der Unverletzten ab, nahm dann Bergretter und Bergsteigerin wieder mit der Winde auf und flog sie ins Tal, wo sie gegen 17.50 Uhr ankamen. Die beiden Begleiter brauchten keine Hilfe und stiegen selbst zu später Stunde zur Blaueishütte ab. Fünf Ramsauer Bergretter waren bis 18.30 Uhr im Einsatz.