Aufwendige Suche bei Dauerregen, Nebel & Dunkelheit: Bergwacht findet schwer verletzten abgestürzten 30-Jährigen am Untersberg-Mittagslochsteig und rettet ihm das Leben
MARKTSCHELLENBERG/SCHELLENBERGER FORST – Der junge Mann wollte ursprünglich vom Stöhrhaus aus zum Rauhen Kopf und wurde dann bei der Polizei als vermisst gemeldet, da er nicht wie ausgemacht gegen 16 Uhr zur Hütte zurückgekommen war. Der Einsatzleiter der gegen 19.50 Uhr alarmierten örtlich zuständigen Bergwacht Marktschellenberg bildete zusammen mit der Berchtesgadener Polizei und der örtlich für den Rauhen Kopf zuständigen Bergwacht Berchtesgaden eine gemeinsame Einsatzleitung. Wegen des anhaltend dichten Nebels scheiterten aber die Absuche aus der Luft sowohl durch den Rettungshubschrauber „Christoph 14“ als auch durch die Wärmebild-Drohne des Technikbusses der Bergwacht Chiemgau. Die Bergretter stiegen deshalb mit mehreren Suchtrupps zu Fuß auf, konzentrierten sich zunächst auf den Rauhen Kopf bis hinüber zum Reisenkaser und Zehnkaser, wobei dann kurz nach 22 Uhr von der jungen Zehnkaser-Sennerin der entscheidende Hinweis kam, dass der Vermisste ungefähr zwischen 13.30 und 14 Uhr noch bei ihr gewesen war und gesagt hatte, dass er übers Gatterl, den Scheibenkaser und den Mittagslochsteig wieder hinauf zum Stöhrhaus gehen will.
Die Einsatzkräfte verlagerten das Suchgebiet daraufhin: Eine Gruppe der Bergwacht Berchtesgaden stieg von Dores Alm am Zehnkaser zum Stöhrhaus und Mittagsloch auf und konnte gegen 23 Uhr tatsächlich von oben aus Rufkontakt zum Vermissten herstellen, zu ihm absteigen und ihn erstversorgen. Weitere Bergretter aus Berchtesgaden und Marktschellenberg stiegen daraufhin mit zusätzlicher Ausrüstung über den Scheibenkaser von unten zum Mittagsloch auf, versorgten den an Fuß, Schulter und Kopf verletzten 30-Jährigen weiter medizinisch und forderten ihren Bergwacht-Notarzt nach. Die Retter lagerten den 30-Jährigen in die Gebirgstrage um und transportierten ihn aufwendig und zeitintensiv über den alpinen Steig durchgehend seilversichert über den Scheibenkaser zum Roßboden am Ettenberg talwärts, wobei sie aufgrund der widrigen Wetterverhältnisse erst kurz nach 7 Uhr in der Früh unten ankamen und den jungen Mann dann an der Bergrettungswache im Tal an eine Rettungswagen-Besatzung des Berchtesgadener Roten Kreuzes übergeben konnten, die ihn in die Kreisklinik Bad Reichenhall einlieferte.
Rückmelden und Bucheinträge retten Leben
Insgesamt waren 21 Einsatzkräfte der Bergwachten Marktschellenberg (9) und Berchtesgaden (10) und der Alpinen Einsatzgruppe der Polizei (2) teilweise über zwölf Stunden lang und damit die ganze Nacht unterwegs, um den 30-Jährigen zu retten, der offensichtlich gleich mehrere Schutzengel hatte, die es gut mit ihm meinten: Obwohl sein Handy beim Absturz kaputtgegangen war und er selbst keinen Notruf mehr absetzen konnte, lief die Rettungskette an, da er sich nicht wie ausgemacht am Stöhrhaus zurückgemeldet hatte und sich andere Menschen um ihn Sorgen machten. Seine Plan-Änderung, doch nicht zum Rauhen Kopf und stattdessen über Scheibenkaser und Mittagsloch zurück zum Stöhrhaus zu gehen, hatte er zum Glück noch der Sennerin mitgeteilt. Alleingeher am Berg, die keine anderen Bergsteiger treffen, können Plan-Änderungen oder Verzögerungen auch über Handy an Angehörige melden, die dann Bescheid wissen und sich nicht unnötig Sorgen machen und dann den Notruf wählen. Hilfreich bei Suchen sind auch immer Einträge mit Namen, Datum und Uhrzeit in Steig- und Gipfelbücher, da die Suchmannschaften dann einfacher herausfinden können, wo ein Vermisster noch war und die oft riesigen Suchgebiete auf einen überschaubareren Bereich reduzieren können – dadurch steigt die Chance, einen Verletzten auch bei nasskalter Witterung noch rechtzeitig und damit lebend zu finden.