Bergwacht Freilassing feiert ihren 100. Geburtstag
FREILASSING (ml) – Die Ehrenamtlichen der Freilassinger Bergwacht haben im Oktober bei einem gelungenen Festakt in der Berufsschule gemeinsam mit zahlreichen Ehrengästen der befreundeten Einsatz-Organisationen, der Nachbar-Bereitschaften und der Regionalpolitik ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert, auf historische Höhepunkte (Chronik der Bergwacht Freilassing) zurückgeblickt und die außergewöhnlichen Leistungen ihrer Vorgänger gewürdigt: Heute betreibt die Freilassinger Bergwacht die seit dem Untersberg-Riesending-Einsatz weltbekannte Höhlenrettungswache der Bergwacht-Region Chiemgau und rückt auch grenzüberschreitend gemeinsam mit anderen Höhlenrettern zu Einsätzen aus, leistet Pistenvorsorgedienst in den heimischen Skigebieten und kümmert sich Sommer wie Winter gemeinsam mit den Bergwachten Bad Reichenhall und Teisendorf-Anger um den Bergrettungsdienst im Einsatzleitbereich Saalachtal.
Mit der Gründung der Bergwacht-Region Chiemgau vor 100 Jahren wurde zeitgleich auch die Bergwacht-Bereitschaft Freilassing gegründet, die über die Jahrzehnte hinweg Dank ihrer vielen gut ausgebildeten Aktiven besonders leistungsfähig und deshalb auch im weiten Umkreis bei Einsätzen und Diensten in den Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen gefragt und geschätzt war, darunter in der Nachkriegszeit mehrere schwierige bis zu sechstätige Rettungen in der Watzmann-Ostwand, 1948 bis 1951 der Bau der Ostwand-Biwakschachtel aus den Bauteilen abgeschossener B47-Bomber, ab 1951 die Zelt- und späteren Hüttendienste am Seeleinsee im Hagengebirge, von 1956 bis 1959 der Bau der Seeleinsee-Diensthütte, 1960 eine Notrufanlage mit zwei Geräten am Seeleinsee und am Priesberg und einer 6,5 Kilometer langen Leitung zur Jenner-Mittelstation, die 1991 durch ein spendenfinanziertes solarbetriebenes Notruf-Funktelefon ersetzt wurde sowie 1986 bis 1988 der Bau des Freilassinger BRK-Hauses, bei dem die Ehrenamtlichen der Freilassinger Bergwacht einen erheblichen Teil der Arbeit leisteten.
Die Bereitschaftsleiter Guido Fick, Herbert Berger und Markus Weilacher hatten zusammen ihrem Team ein stimmungsvolles Fest mit Sekt-Empfang, Abendessen und Party-Band vorbereitet. „Die ständige Erneuerung und Anpassung an moderne Anforderungen zeigt, dass die Bergwacht Freilassing immer am Puls der Zeit bleibt und dennoch auf eine stolze Tradition zurückschauen kann. In den letzten 100 Jahren hat sich viel getan und dennoch ist eines gleich geblieben: Euer unermüdlicher Einsatz für die Sicherheit und das Wohl der Menschen in unserer Heimat. Ihr habt es geschafft eine Balance zu finden zwischen Tradition und Innovation, zwischen Jung und Alt, zwischen Erfahrung und frischen Ideen, genau das macht Euch so stark und so einzigartig!“, lobte Staatsministerin Michaela Kaniber in ihrer Video-Botschaft, da sie zeitgleich bei der 100-Jahr-Feier des Ramsauer Skiclubs eingeladen war. Landrat Bernhard Kern und Bürgermeister Markus Hiebl lobten die Freiwilligen in ihren Grußworten für ihren gesellschaftlich unverzichtbaren und unbezahlbaren Dienst. Die bewegende und sehr persönliche Festrede mit wichtigen Ausrüstungsgegenständen aus dem Bergwacht-Rucksack, die symbolisch für ebenso wichtige Werte und Tugenden aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Bergwacht-Geschichte stehen, hielt Thomas Matthalm, den bis dahin kaum jemand kannte: Er ist Höhlenforscher und hatte beim Untersberg-Riesending-Einsatz vor zehn Jahren seinem verletzten Freund Johann Westhauser Erste Hilfe geleistet und ihn betreut, bis nach vielen Stunden die ersten Retter eintrafen: „Ihr habt dazu beigetragen, dass mein Freund Johann heute hier sitzt und noch lebt!“; auch Westhauser war als Gast beim Festabend anwesend und zollte den Höhlenrettern seinen großen Respekt.
In den Anfangsjahren lag der Schwerpunkt für die Bergwacht angesichts des aufkommenden Massentourismus und alpinen Pflanzenraubs im Naturschutz: Fritz Jochum lud am 24. Mai 1924 Alpenvereins-Sektionen und Naturfreunde-Ortsgruppen nach Freilassing ein und wurde einstimmig zum Vorsitzenden der neuen Bergwacht-Abteilung Chiemgau gewählt. Das Ziel der Versammlung war der „Schutz der Natur in den Bergen und Auen“. Bei der ersten Mitgliederversammlung am 18.0ktober 1924 waren bereits 104 Bergwachtmänner aktiv dabei, darunter, die Freilassinger Hans Aicher, Georg Adler, Max Bösmiller, Peter Gadenz, Alois Hillipointner, Toni Miesenböck, Paul Kern, Alfred Schädlich, Max Walser und Max Ranshofer. Bei ihren Streifengängen zum Schutze der Natur wurden diese Idealisten beschimpft und als Wichtigtuer verlacht, wobei ihre Beständigkeit zu stetigen Verbesserungen im Schutz der Flora und Fauna führte. Schon bei den ersten Streifengängen mussten sie verunglückten Bergsteigern Hilfe leistet, wodurch immer mehr auch die Bergrettung in den Mittelpunkt rückte. Bereitschaftsleiter Lois Hillipointner bildete die Ehrenamtlichen in den 30er Jahren zu Sanitätern aus, die damit nicht nur gerüstet waren, die Berge vor den Menschen zu schützen, sondern auch die Menschen vor den Bergen.