BRK-Bereitschaft Berchtesgaden sucht seit mittlerweile zwölf Jahren nach Bau-Grundstück für neue Unterkunft
Fahrzeuge und Ausrüstung auf fünf Standorte verteilt – Bürgermeister Franz Rasp bekundet bei Jahreshauptversammlung Solidarität der Gemeinden und lobt Ehrenamtliche für ihr Durchhaltevermögen und ihre Leistungen
SCHÖNAU AM KÖNIGSSEE (ml) – Die ehrenamtliche BRK-Bereitschaft Berchtesgaden sucht seit mittlerweile zwölf Jahren auf dem anhaltend angespannten Immobilienmarkt im inneren Landkreis nach einem passenden Grundstück zum Bau einer neuen Unterkunft für ihre Ausrüstung und Fahrzeuge im erweiterten Rettungsdienst und Katastrophenschutz, die aktuell trotz verschiedener Initiativen noch immer improvisiert und alles andere als ideal mit entsprechend langen Ausrückzeiten auf fünf verschiedene Standorte in Berchtesgaden und Marktschellenberg verteilt sind, wobei sich Bereitschaftsleiter Walter Söldner und sein Team zwar weiter wacker schlagen und die bedingt durch die geographische Lage überdurchschnittlich vielen Einsätze und Dienste motiviert leisten, sich die bedrückenden Zukunftssorgen ohne greifbare Perspektive aber durchaus zu Herzen genommen haben. Bei ihrer Jahreshauptversammlung im Hotel Hubertus haben die aktuell 66 Mitglieder nach der pandemiebedingten Zwangspause auf gleich vier vergangene Einsatzjahre zurückgeblickt und dabei auch insgesamt 26 verdiente Frauen und Männer für ihr langjähriges freiwilliges Engagement geehrt, darunter Spitzenreiter Hans Stocker, der seit 60 Jahren freiwillig dabei ist.
Solidarität der Gemeinden bei schwieriger Suche
Ein harter Kern aus 18 besonders engagierten Frauen und Männern stemmt das ganze Jahr über den Großteil der Arbeit, die sich über das gesamte Jahr auf gewaltige Dimensionen summiert – allein 2022 9.096 Stunden (2019: 12.377, 2020: 2.600, 2021: 4.896). Bereitschaftsleiter Walter Söldner und der Gruppenleiter der Einsatzgruppe, Bernd Resch berichteten von der mittlerweile zwölfjährigen durchaus zermürbenden Suche nach einem geeigneten Grundstück für den Bau einer neuen Unterkunft, wobei Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp sein vollstes Verständnis für den Unmut der Freiwilligen und zugleich die Solidarität der fünf Gemeinden im inneren Landkreis bekundete. Letztlich sei die konkrete Umsetzung immer wieder an den Eigentümern gescheitert. Auch wenn sie nicht direkt zuständig sind, würden die Gemeinden ihre BRK-Bereitschaft besonders wertschätzen und so gut wie möglich unterstützen: „Die Geduld ist schon lang am Ende, was ich voll verstehe; es ist aber nicht so, dass wir uns wegducken, wir bringen ja die Fahrzeuge bei uns im Rathaus und Bauhof unter – dass diese Notlösung auf Dauer nicht ideal ist, weiß ich auch!“ Es sei bemerkenswert, dass die BRK-Bereitschaft trotz dieser Schwierigkeiten mit einer überschaubaren Zahl an Helfern alles ehrenamtlich weiter am Laufen halte – in einer völlig anderen Dimension als bei anderen Organisationen und Vereinen, wo sich die Arbeit meist doch auf mehrere Schultern verteilt. Er könne zwar noch keine Details verraten, sei aber optimistisch, dass heuer endlich ein geeigneter Standort konkret werden könnte. Rasp freute sich besonders, dass Bereitschaftsleiter Walter Söldner nach monatelangen krankheitsbedingten Zwangspausen im Vorjahr mittlerweile wieder fit und im Dienst ist. „Auch wenn es durch die Bürokratie nicht leichter wird, bitte ich Euch an Eurem wichtigen Ehrenamt weiter festzuhalten!“, betonte auch Berchtesgadens Polizeichef Stefan Scharf, als er die gesellschaftlich unverzichtbare Arbeit der ehrenamtlichen Rotkreuzler lobte. Söldner und BRK-Kreisgeschäftsführer Tobias Kurz dankten den Bürgermeistern im inneren Landkreis, insbesondere Hannes und Franz Rasp für ihre Unterstützung bei der aufwendigen Grundstückssuche und für die Unterbringung der Fahrzeuge an den verteilten Standorten.
Notwendiges Übel
Wie sehr die über so lange Zeit zermürbende Lage die Freiwilligen auch persönlich belastet, brachte der Gruppenleiter der Schnell-Einsatz-Gruppe (SEG), Bernd Resch in seinem Vierjahres-Rückblick zum Ausdruck: „Wir machen das alles freiwillig, gerne und mit Herzblut! Wenn wir nicht diese Ideale und unsere Kameradschaft hätten, gäbe es in unserem Talkessel schon seit einiger Zeit kein Rotes Kreuz mehr, weil wir mittlerweile immer mehr das Gefühl haben, von vielen nur als notwendiges Übel angesehen zu werden. Nach jeder Katastrophe werden wir Ehrenamtliche in den Himmel gelobt; wenn es aber um konkrete Taten geht, fühlt sich keiner wirklich zuständig.“ Zu seiner SEG gehören aktuell zwölf Frauen und 14 Männer, darunter zwei Ärzte, zwei Notfallsanitäter, vier Rettungsassistenten, sechs Rettungssanitäter, drei Rettungsdiensthelfer und neun Sanitätshelfer; acht sind als Gruppenführer Sanität, vier als Truppführer und einer als Fachdienstführer Technik und Sicherheit geschult. Sie verfügen über zwei Notfallkrankenwagen, einen Logistik-Lastwagen, einen Anhänger und einen Mannschaftswagen. In den vergangenen vier Jahren waren sie bei 79 Einsätzen (2019: 27, 2020: 9, 2021: 26, 2022:17) gefordert und haben dabei 540 ehrenamtliche Stunden geleistet. Der längste Einsatz war dabei während des Hochwassers im Juli 2021, bei dem die SEG in insgesamt 240 Stunden mehrere Notfalleinsätze für Erkrankte oder Verletzte übernahm, die der reguläre Rettungsdienst wegen des Wassers nicht mehr zeitnah erreichen konnte und eine Betreuungsstelle für evakuierte Anwohner des Grünsteins einrichtete und betrieb. Wie riskant die Arbeit sein kann, zeigte sich, als der Notfallkrankenwagen während eines Einsatzes vom steigenden Wasser umflutet wurde und die Besatzung unverletzt mit einem Motorschaden davonkam, wobei sich die Bereitschaft selbst helfen musste und ihr Fahrzeug mit ihrem nur vor wenigen Tagen in Dienst gestellten Allrad-Lastwagen aus dem Wasser zog.
Längere Ausrückzeiten bei großen Schadenslagen durch verteilte Ausrüstung und Fahrzeuge
Während der Lockdowns passierte zwar weniger – die Ehrenamtlichen waren dafür aber umso mehr durch Corona-Tests gefordert, wobei 29 Mitglieder der Bereitschaft zusammen mit elf Helfern der Wasserwacht in fünf Monaten marathonartig 1.520 Stunden leisteten, unter anderem bei regelmäßigen Tests in Hotels, Schulen, Firmen, bei Veranstaltungen und in öffentlichen Teststraßen. 15 Einsatzkräfte stellen die so genannte SEG-Transport, die bei einem allgemein erhöhen Einsatzaufkommen immer wieder in so genannten Spitzenabdeckungen mit einem Notfallkrankenwagen den regulären Rettungsdienst ergänzt, innerhalb von acht bis zehn Minuten ausrückt, orts- und zeitnah Patienten versorgt und in Kliniken transportiert. Landkreisweit gab es 2022 48 solcher Einsätze, hinter denen jeweils ein eigener Patient mit einer akuten Erkrankung oder Verletzung steht, dem die Ehrenamtlichen helfen konnten. „In der SEG Behandlung, die die Versorgung von vielen Verletzten oder Erkrankten bei großen Schadenslagen übernimmt, träumen wir wegen der auf fünf Standorte verteilten Ausrüstung und des damit verbundenen logistischen Aufwands noch von solchen Ausrückzeiten“, bedauerte Resch, der den Familien und Arbeitgebern seiner Mannschaft dankte, da es alles andere als selbstverständlich sei, dass die freiwilligen Sanitäter immer wieder plötzlich weg dürfen, um anderen zu helfen. „Die Spitzenabdeckungen sind vor allem im geographisch schwerer erreichbaren und touristisch stark frequentierten inneren Landkreis ein riesiges Plus in der Versorgung der Einwohner und Gäste!“, lobte BRK-Kreisgeschäftsführer Tobias Kurz. 2023 war die SEG Berchtesgaden bereits bei sieben solcher Einsätze gefordert. Wenns eng hergeht, dann hilft auch immer wieder mal das Salzburger Rote Kreuz aus und fährt über die Grenze, wobei vor allem die Halleiner gefordert sind, zu denen die BRK-Bereitschaft Berchtesgaden seit vielen Jahrzehnte ein inniges und freundschaftliches Verhältnis pflegt, wie Peter Steiner, der Tennengauer Bezirksrettungskommandant des Österreichischen Roten Kreuzes (ÖRK) - Landesverband Salzburg in seinem Grußwort bestätigte: „Unsere Leute fahren gerne zu Euch rüber und schätzen die angenehme Zusammenarbeit auf Augenhöhe!“
Ohne Spenden geht nichts
Bereits 2021 musste der altgediente, aber nicht mehr wirtschaftlich zu reparierende Renault Master durch einen neuen Allrad-MAN mit Ladebordwand ausgetauscht werden. 2023 steht nun der Austausch des mittlerweile ebenfalls altersschwachen als Notfallkrankenwagen betriebenen Rettungswagens an, der durch einen aus der regulären Rettungsdienst-Vorhaltung ausgemusterten sechs Jahre alten Allrad-Rettungswagen mit 300.000 Kilometern Laufleistung ersetzt werden soll, wobei die Bereitschaft die rund 25- bis 28.000 Euro dafür – wie auch den Rest ihrer Ausrüstung – selbst aus eigener Mittelbeschaffung, den Erlösen aus Sanitätsdiensten und Spenden der Bevölkerung finanzieren muss. Der Allrad sei vor allem im inneren Landkreis unverzichtbar, wo es durchaus vorkommen kann, dass man im abgeschnittenen Talkessel auf mal sich allein gestellt sei. Resch: „Wir sind dankbar für jeden noch so kleinen Betrag, der uns hilft, anderen Menschen in Not zu helfen!“ Mit rund 14.000 Euro wird heuer auch eine neue EKG-Defi-Einheit zu Buche schlagen, da das bisher genutzte Gerät nach vielen Jahren treuer Dienste nun endgültig den Geist aufgegeben hat. „Die Anforderung an unsere Helfer und unser Material war in den letzten Jahren teilweise an der Grenze des Zumutbaren“, sagte Resch, der es trotz der Pandemie schaffte, seine Mannschaft durch das Engagement der medizinischen Ausbilder Teresa Datzmann, Andreas Seidler und Dr. Alex Engelhart fit für die vielen Einsätze und Dienste zu halten, wenngleich die Ausbildungsstunden in der Pandemie rund um die Hälfte weniger waren (2019: 780, 2020: 430, 2021: 380, 2022: 500). Trotz aller Schwierigkeiten seien Zusammenhalt und Motivation während dieser Zeit eher gestiegen. Der Patient habe an die Ehrenamtlichen denselben Anspruch wie an den beruflichen Rettungsdienst und bemerkte oft auch gar nicht den Unterschied; dieser hohen Erwartungshaltung gerecht zu werden werde für Ehrenamtliche aber immer schwieriger.
Schichtausfälle im Rettungsdienst und Krankentransport verhindert
BRK-Kreisgeschäftsführer Tobias Kurz dankte der BRK-Bereitschaft stellvertretend für Wachleiter Hermann Scherer und den Leiter Rettungsdienst, Markus Zekert auch für ihre Leistungen im regulären Rettungsdienst und Krankentransport, insbesondere deshalb, da sie 2022 während überdurchschnittlich vieler gleichzeitiger Krankheitsfälle der Hauptamtlichen zusammen mit der Wasserwacht immer wieder spontan eingesprungen waren und damit personalbedingte Schichtausfälle verhindert haben. Insgesamt wurden rund 250 Schichten mit über 2.500 Stunden ehrenamtlich geleistet, darunter 2.070 auf dem Rettungswagen, 206 auf dem Krankenwagen und 240 auf dem Notarzteinsatzfahrzeug.
2022 war nach der Pandemie wieder reich an Sanitätsdiensten für Sport, Kultur und Film-Dreharbeiten, da jeder Verein und jede Organisation die immer wieder verschobenen Veranstaltungen nachholen wollte und die ankommenden Flüchtlinge in Freilassing versorgt werden mussten. Beim Notärzte Kongress und bei Trau-Dich-Kursen in Kindergärten konnte die Bereitschaft wieder Öffentlichkeitsarbeit machen und auch die als Gegenpol zu belastenden Einsätzen für Kameradschaft und Zusammenhalt wichtigen Stüberl- und Grillfeste konnten wieder stattfinden. Andreas Seidler und sein Team betreuten wieder die Blutspende-Termine, bei denen 1.205 Konserven zusammenkamen.