Ein langer Weg für ein längeres Beinchen: Hospizmobil des Roten Kreuzes bringt die vierjährige Filippa zur Not-Operation an ihrem Geburtstag nach Warschau
Manche Herzenswünsche stehen am Anfang und nicht am Ende eines Lebens
ALTENMARKT/WARSCHAU (ml) – Mit dem kürzlich erfüllten Herzenswunsch der vierjährigen Filippa durch eine Fahrt zur Not-OP nach Warschau beginnt für die mit einem verkürzten Bein geborene Vierjährige aus Altenamarkt an der Alz die Hoffnung auf ein ganz neues Leben, was auch für die ehrenamtlichen Helfer des BRK-Hospizmobils eine völlig neue und wichtige Erfahrung war. Bisher waren sie fast immer nur mit dem Tod konfrontiert und haben Wünsche von schwer und unheilbar Kranken erfüllt, die in ihren letzten Wochen oder Monaten nochmal für sie besonders wichtige Menschen und Orte besuchen wollten.
Die Fahrt in die fast 1.000 Kilometer entfernte polnische Hauptstadt war eine der bisher längsten und organisatorisch aufwändigsten Reisen mit dem Herzenswunsch Hospizmobil. Ehrenamtliche Rotkreuzler brachten das kleine Mädchen mit ihren Eltern in das „Paley European Institute“. Filippa kam mit einem stark verkürzten Beinchen, einem so genannten proximalen Femur-Defekt zur Welt (https://www.lebensbruecke.de/kinder-heilen/deutschland/besondere-kinder/besondere-kinder-filippa.html). Der Oberschenkel ihres linken Beinchens fehlte bei der Geburt nahezu komplett. Sie kann deshalb nur mit einer speziellen Orthese laufen, was ihr aber oft starke Schmerzen bereitet. Ende 2021 haben weltweit führende Spezialisten mit Filippas Bein-Verlängerung begonnen, wobei die gewonnenen 4,5 zusätzlichen Zentimeter ein toller Erfolg für die Familie sind. Ende April kam dann der Rückschlag: der eingebaute Fixateur musste dringend entfernt werden, da sich das Gewebe unerwartet stark entzündet hatte. Die Krankenkasse lehnte die Kosten für einen Ambulanzflug und auch alternativ eine Fahrt mit dem Krankentransportwagen ab, was die Eltern ziemlich hilflos zurückließ, da ein Transport mit dem Privatauto für das von Schmerzen geplagte Kind nicht zumutbar war. Die ehrenamtlichen Helfer des Hospizmobils entschieden sich deshalb spontan zu helfen und das Mädchen rechtzeitig zum OP-Termin, der genau auf ihren vierten Geburtstag fiel, nach Polen zu bringen.
Die lange Reise begann gleich nach Ostern, wobei die Rotkreuzler ihren jungen Fahrgast im lustig dekorierten Hospizmobil mit Seifenblasen und Kuscheltieren empfingen und so für eine heimische Atmosphäre sorgten. Zunächst fuhren sie in die Hessing Kliniken nach Augsburg - eines der führenden Orthopädie-Kompetenzzentren Europas, wo Spezialisten zunächst den Fixateur reinigten. Am Nachmittag ging es weiter nach Görlitz in Sachsen, wo die gesamte Mannschaft herzlich in Empfang genommen wurde und kostenlos auf Einladung des Hotels übernachten durfte. „Trotz der langen Fahrt war Filippa gut gelaunt. Unsere Helfer hatten die kleine, tapfere Maus bald ins Herz geschlossen“, berichtet BRK-Kreisbereitschaftsleiter Florian Halter.
In Warschau angekommen kamen dann alle in einem Hotel unweit der Klinik unter. Am Donnerstag war zunächst die Vorbesprechung mit dem für die Verlängerung von Gliedmaßen weltweit führenden Spezialisten Dror Paley, die er 66-Jährige dann am Samstag an Filippas 4. Geburtstag durchführte. Er entfernte den eingebauten Fixateur, der zu einer ausgedehnten Entzündungsreaktion geführt hatte. Er nutzte einen Spezial-Draht, der Filippas Knochen genügend Stabilität verleiht, um weiter zu heilen und zu wachsen. Das Mädchen bekam auch einen Liege-Gips, der gute sechs Wochen lang für Stabilität sorgt, so dass die tiefen Wunden von innen heraus verheilen können. Danach bekommt sie eine neue Orthese, damit sie wieder selbstänidig laufen kann. Der Sonntag war dann eigentlich als Entlassungstag angesetzt, aber Filippa war nach der OP noch nicht transportfähig. „Unser Team reagierte gelassen und flexibel und hängte einfach noch eine Nacht in Polen dran“, berichtet Halter. Als am nächsten Tag dann alles Notwendige erledigt war und ein Helfer auch noch mitten in Warschau ein dringend benötigtes Medikament besorgt hatte, gings endlich zurück nach Hause.
„Ein herzliches Dankeschön an das Hotel Schwibbogen in Görlitz und an die Pizzeria Da Vinci, die uns einluden und zutiefst vom Schicksal des Mädchens und von der freiwilligen Arbeit unseren Teams berührt waren. Auch ein Vergelts Gott an unsere heimischen Spender, die für diese aufwendige Fahrt gespendet haben und natürlich auch an das gesamte Team, das diese wieder einmal besondere Reise so spontan organisiert und einfühlsam durchgeführt hat“, freut sich Rosi Helliel, die mit der kleinen Filippa die ganze Woche über unterwegs war. Helliel: „Wir wünschen der Familie noch viel Kraft und Zuversicht für den weiteren Weg, den sie für ein langes Beinchen noch zu gehen hat!“