Rotes Kreuz erfüllt 2022 47 Herzenswünsche mit dem Hospizmobil
BERCHTESGADENER LAND/SALZBURG/TRAUNSTEIN (ml) – Die ehrenamtlichen Helfer des Roten Kreuzes haben 2022 mit ihrem Hospizmobil insgesamt 47 Herzenswünsche für schwer und unheilbar kranke Menschen aus dem Berchtesgadener Land, dem Landkreis Traunstein und dem Bundesland Salzburg erfüllt.
2018 haben Kreisbereitschaftsleiter Florian Halter und seine Mitstreiter das Herzenswunsch Hospizmobil zunächst im Berchtesgadener Land ins Leben gerufen und noch im selben Jahr den Nachbar-Landkreis Traunstein mit ins Boot genommen. Seit 2020 gibt es auch eine grenzüberschreitende Kooperation mit dem Salzburger Roten Kreuz. „Derzeit haben wir drei Teams mit über 50 ehrenamtlichen Rotkreuzlern, die die Fahrten durchführen und damit Herzenswünsche erfüllen“, berichtet Initiator Halter, der die Anfragen annimmt und die Fahrten zusammen mit seiner Stellvertreterin Rosemarie Helliel plant und koordiniert, die als ausgebildete Hospizberaterin viel Erfahrung und Wissen ins Team einbringt. Bei privaten Anfragen wägt der Palliativ-Mediziner Dr. Christian Stöberl meist in Absprache mit dem behandelnden Arzt des Betroffenen ab, ob und unter welchen Bedingungen der Herzenswunsch erfüllt werden kann.
Die Wunsch-Erfüllung ist kostenlos und damit unabhängig vom Einkommen des Betroffenen. Finanziert wird das Herzenswunsch Hospizmobil ausschließlich über Spenden. „Da unsere Helfer die Fahrten ehrenamtlich durchführen, fließen die Spenden zu hundert Prozent in die Herzenswünsche der Gäste“, erklärt Halter, der sich derzeit trotz der stark gestiegenen Kosten für Treibstoff und Hotels keine Sorgen machen muss, da gerade zur Weihnachtszeit wieder viele Privatleute, Firmen und Vereine großzügig für das Hospizmobil gespendet haben, die die Fahrten überhaupt erst möglich machen. Halter: „Dafür gebührt ihnen ein ganz besonderer Dank!“
2022 durften die ehrenamtlichen Helfer insgesamt 47 recht unterschiedliche Herzenswünsche erfüllen: Vom sehr bescheidenem Wunsch, einmal noch die Kirchenglocken der nur 500 Meter entfernten Heimatkirche läuten zu hören, bis hin zu Fahrten in die Miniaturwelt nach Hamburg, oder ans Meer nach Kroatien und Italien. Auch etliche Tagesfahrten haben Menschen glücklich gemacht, wie zum Beispiel zur Hochzeit der Kinder, zur Beerdigung eines geliebten Angehörigen oder einfach nur auf einen besonderen Berg.
Eine spezielle Herausforderung für alle Beteiligten war die Fahrt mit der vierjährigen Filippa nach Polen. „Aufgrund einer äußerst seltenen Erkrankung, für die es weltweit nur zwei ärztliche Spezialisten gibt, mussten wir das tapfere Mädchen zusammen mit seinen Eltern innerhalb kurzer Zeit nach Warschau zur Not-OP bringen“, berichtet Halter. Im Privatauto war die Fahrt aufgrund der fehlenden Lagerungsmöglichkeiten nicht durchführbar, der Krankentransport wurde von der Kasse nicht bezahlt und der Flugdienst war zu teuer. Also sprangen kurzerhand Rosi Helliel und Josef Hinterstoißer – ein pensionierter Reichenhaller Rettungsassistent, ein und brachten Filippa mit dem liebevoll mit Girlanden, Luftballons und Stofftieren geschmückten Hospizmobil in die fast 1.000 Kilometer entfernte polnische Hauptstadt und auch wohlbehalten nach dem erfolgten Eingriff wieder in die Heimat zurück. „Und genau diese Spontanität und Flexibilität – wenn wir schnell improvisieren müssen und unkomplizierte Lösungen verwirklichen, macht den Reiz dieses besonderen Ehrenamts aus!“, erklärt Helliel. Die Rotkreuzler haben dabei keinen Krankenwagen mit medizinischer Ausrüstung, die steril an der kalten Wand hängt. Das wohnliche und einladende Fahrzeug wird je nach Herzenswunsch individuell eingerichtet und liebevoll dekoriert. So begleitet zum Beispiel ein vom Freilassinger Globus-Markt gespendeter Riesen-Teddybär ab sofort schwer kranke Kinder auf ihrer Herzenswunsch-Fahrt.
Rosi Helliel sind einzelne Herzenswünsche ganz besonders intensiv in Erinnerung geblieben: Die schwer kranke 50-jährige Gudrun war früher erfolgreiche Wild-Biologin sowie Berg- und Cross-Läuferin. Sie erzählt ihre Erlebnisse in der Wildnis auch in dem mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm „Auf den Spuren der Küstenwölfe“ und in ihrem Buch „Wolfspirit“. 2005 wurde ein Hirntumor diagnostiziert, mit äußerst schwerem Verlauf. Gudrun, die eine wahre Kämpfer-Natur ist, wollte noch einmal nach Slowenien fahren, um sich auf die Spuren ihrer Vergangenheit zu begeben und im Idealfall auch wilde Wölfe und Bären sehen. Rosi und Mike vom Salzburger Roten Kreuz erfüllten ihr und ihrem 13-jährigen Sohn den ganz besonderen Herzenswunsch. Rosi ging mit Gudrun äußerst vorsichtig und langsam spazieren, während Mike zusammen mit dem Sohn den Hochseilgarten erkundete.
Aber auch die Fahrt mit der 38-jährigen Barbara, die nach einem schweren Verkehrsunfall von der Halswirbelsäule abwärts gelähmt ist, und unbedingt noch einmal mit ihren Freundinnen ein paar schöne Tage in Italien verbringen wollte, blieb allen Beteiligten intensiv in Erinnerung. „Fahrten mit der zehnjährigen Leonie nach Kroatien zu den Delfinen, mit Bruce auf ein Rock-Konzert auf den Hockenheimring oder mit Hildegard zum 60er Spiel nach München rundeten ein überaus beeindruckendes, emotionales und auftragsreiches Jahr 2022 ab“, freut sich Halter.
Wichtig ist für Halter und sein Team vor allem, dass Betroffene möglichst früh bei ihm zur Wunscherfüllung anfragen, da die Fahrten je nach Aufwand und Gesundheitszustand auch eine gewisse Vorlaufzeit haben und 2022 in einzelnen Fällen tragischerweise unerfüllt geblieben sind, da der Fahrgast kurz vor der Wunscherfüllung verstorben ist oder in so schlechter Verfassung war, dass ihn kein Arzt mehr als transportfähig einstufen konnte. „Die Menschen müssen nicht erst sterbenskrank sein, damit sie einen Anspruch auf ihren Herzenswunsch haben. Wir haben letztes Jahr mit betrauert und waren tief betroffen, als das Hospizmobil dann trotz aller Planungen und Vorbereitungen leer in der Garage stehengeblieben ist; dann bleibt etwas ganz Besonderes im Leben unerledigt zurück, das man nie wieder nachholen kann“, bedauert Halter.